11.11.-16.11.2012
Nach unserem Aufenthalt auf Fraser Island brauchten wir nun
dringend eine heiße Dusche und etwas Warmes
zum Essen. Auf dem Weg zu einem Zeltplatz, den wir in unserem Atlas gefunden
hatten, begegneten wir wieder Wildpferden, die unbekümmert am Waldrand grasten.
Diesmal nutzten wir die Chance und drückten schnell ein paar Mal auf den
Auslöser der Kamera.
Circa 25 km vor Gympie, mitten in der Pampa, fanden wir
dann den Campingplatz Standown. Etwas skeptisch fuhren wir hinein und buchten
einen Stellplatz für eine Nacht. Stanley erwähnte beiläufig, dass wir
Backpacker sind und nach Arbeit suchten. Pam, die Besitzerin des Camps, gab uns
sofort 2 Nummern von umliegenden Farmen, die wir doch mal anrufen könnten. Leider
erfolglos! Als wir zu unserem Stellplatz fuhren bemerkten wir, dass wir einfach
mitten auf einer Wiese parken sollten. Aber es war nicht irgendeine Wiese. Wir
standen jetzt knapp 5 Meter entfernt von dem Treffpunkt aller Campbewohner, also
direkt auf dem Präsentierteller. Da wir hier noch niemanden kannten, war das
ein etwas komisches Gefühl von allen beobachtet zu werden. Doch nicht nur das
jeder Schritt von uns genaustens kontrolliert wurde, nein, es ging noch
schlimmer. Neben uns parkte ein Monstrum von Wohnwagen. Ungelogen 4x10 Meter
war dieses Ungeheuer groß. Jeder kann sich wahrscheinlich denken wie lächerlich
es nun aussah, wenn 2 Backpacker daneben ihr 2-Mann-Zelt aufschlugen. Wir
mussten selbst ein wenig schmunzeln.
Nichts desto trotz wagten wir uns gegen
Abend in die Höhle des Löwen, sprich zu den rund 20 Rentnern, die sich
mittlerweile um die Feuerstelle vor der Gemeinschaftshalle versammelt hatten.
Überraschenderweise wurden wir herzlich willkommen geheißen und sofort zum Essen
eingeladen. Es gab eine Art kaltes Büffet an dem sich jeder bedienen durfte. So
langsam viel der Groschen nun auch bei uns. Als wir uns ein wenig genauer
umsahen bemerkten wir überall Fotos von Soldaten und Abzeichen. Wir waren in
einem Veteranencamp gelandet und heute war zufälligerweise auch noch ein
Gedenktag. So erklärte sich nun auch die kleine Feier mit dem Essen für alle.
Fast alle Männer hier waren früher im Krieg gewesen, auch der Campbesitzer und
Mann von Pam, Rott. Er setzte sich zu uns und erzählte uns eine Menge über
sich, das Veteranencamp und den Krieg. Wir hörten ihm gespannt zu und erzählten
ihm auch ein wenig über uns. Erneut kam zur Sprache, dass wir zur Zeit auf der
Suche nach ARBEIT waren. Mittlerweile hatten wir immer wieder erlebt, dass man
in Australien zu vielem kommt, wenn man es den Leuten einfach nur auf die Nase
bindet. Wir hofften also durch unsere
dezent unauffällige Art an einen Farmjob zu gelangen.
Am nächsten Morgen nutzten wir nochmal den Herd aus und
machten uns ein großes Frühstück mit allem was dazu gehörte. In Gedanken waren
wir schon wieder beim Zelt auseinander bauen und Auto umräumen, da wir heute
weiterreisen wollten. Noch bevor wir aber zu alledem kamen, stand plötzlich
Rott vor uns. Er bot Stanley einen Job an und meinte, dass es für mich
wahrscheinlich auch etwas gäbe. Wir strahlten beide übers ganze Gesicht und
konnten es mal wieder nicht fassen. Direkt nach dem Frühstück bekam Stanley
gezeigt was er die nächsten Tage zu tun hatte. Rott wollte eine Art kleine Halle
bauen, wo er seine Traktoren, Autos und Wohnwagen unterstellen konnte. Die
Pfosten/Pfeiler hatten er und ein anderer Campbewohner namens Simon, schon vor
ein paar Tagen senkrecht aufgestellt, nun fehlte „nur“ noch der Rest. Stanley
sollte also schweißen, flexen, bohren, schleifen, hämmern und in 5 Meter Höhe
die Träger fürs Dach anbringen. Er bekam 15$ die Stunde und wir konnten umsonst
auf dem Campingplatz bleiben. Am Nachmittag, nach der Mittagshitze, sollte es
auch schon losgehen. Stanley konnte seinen Augen nicht trauen, als er sah, wie
Simon bereits auf einem selbstgebastelten, wackeligen „Gerüst“, welches auf der
Ladefläche eines Pickups angebracht war, in mehreren Metern Höhe herum
wackelte. Simon versuchte dabei einen der Stahlträger fürs Dach zu fassen zu
bekommen, den Rott mit einem umgebauten Stapler versuchte nach oben zu fahren.
Hätte ich das alles in diesem Moment
gesehen, ich wäre wahrscheinlich schreiend weggerannt, doch Stanley blieb stark
und stellte sich der Herausforderung.
Am nächsten Morgen starteten wir beide um 8 Uhr mit der
Arbeit. Für Stanley ging es wieder in luftige Höhen und ich ging zu Pam, um mir
meine Arbeit zeigen zu lassen. Sie drückte mir sofort eine Schubkarre mit
Spaten, Rechen sowie sämtlichen anderen Gartengeräten in die Hand und führte
mich zu meinem Arbeitsplatz. Ich sollte die Beete um das Denkmal der ehemaligen
Soldaten herum, vom Unkraut befreien. Allerdings war hier Unkraut nicht nur
kleine Pflänzchen oder Gras zwischen den Blumen. Nein, ich sollte ganz
Sträucher und Büsche, kleine Bäume sowie großflächig gewachsene, verflochtene
Gewächse herausreißen. Anscheinend war hier schon seit längerem nichts mehr
getan wurden. Bevor ich aber anfangen durfte wurde ich noch darauf hingewiesen,
dass zwischen 11 und 15 Uhr NICHT gearbeitet wird, da es da zu heiß war und ich
ja keinerlei Schatten hatte. Sie gab mir noch einen Sonnenhut, drückte mir eine
Flasche Wasser in die Hand und ließ mich allein. Als ich gegen Mittag meine
erste Pause machte, merkte ich schon jeden einzelnen Muskel in meinem Körper.
Gegen 17-18 Uhr hatten wir es endlich geschafft
für heute. Für die Männer spendierte Rott noch ein Bier während sie den
Tag im Sonnenuntergang ausklingen ließen und den abendlichen Besuchen der
Kängurus zuschauten.
Wir fielen in unsere Campingstühle und konnten uns kaum
noch rühren. Jetzt merkten wir erst einmal wie sehr einem doch die Sonne beim
Arbeiten zu schaffen machte, denn morgens um 8 Uhr waren es bereits 30 Grad und
es wurden tagsüber nicht weniger! Nach dem Abendbrot fielen wir sofort todmüde
ins Bett, zumindest fast. Stanley lag bereits im Auto und ich wollte mich
gerade hinlegen. Doch so schnell ich in der waagerechten war, war ich auch
schon wieder aufgesprungen. Da hing doch tatsächlich eine Huntsmanspider in
unserem Auto, direkt über meinem Gesicht! Ich bekam eine „leichte“ Panikattacke
und schrie Stanley halb an, dass er etwas tun soll. Da er auch noch etwas
Respekt vor diesen Tierchen hatte, suchten wir uns einen Becher und ein Stück
Papier, um die Spinne einzufangen. Das war allerdings leichter gesagt als
getan. Die Spinne hatte wahrscheinlich wirklich mehr Angst vor uns als wir vor
ihr und deshalb verkroch sie sich immer weiter. Ich war mittlerweile fast am
hyperventilieren. Stanley versuchte durch geschickte Manöver die Spinne aus
ihrem Versteck zu treiben. Nach einer gefühlten halben Ewigkeit hatten wir den
ungebetenen Gast endlich gefasst. Ich war natürlich jetzt hellwach und hätte am
liebsten das komplette Auto auf den Kopf gestellt, um nachzusehen, ob da noch
mehr Spinnen waren. Stanley war dagegen die Ruhe in Person und sagte nur „ Das
war 100%-ig die einzige Spinne hier im Auto!“ … ich versuchte ihm zu glauben!
Der nächste Tag lief
im Prinzip gleich ab. Zeitig aufstehen, arbeiten, Mittagspause und danach
weiter arbeiten. Als es dunkel geworden war versuchten wir uns noch ein
bisschen mit Langzeitbelichtungen und machten tolle Fotos vom Sternenhimmel über
dem Camp.
Am nächsten Morgen musste nur noch Stanley zeitig raus, denn
für mich gab es heute keine Arbeit mehr. Während Stanley sich also auf dem Dach
der Halle abmühte, widmete ich mich wieder der Arbeitssuche auf einer Farm. Circa
30 Nummern hatte ich heraus angerufen. KEIN Telefonat brachte aber den gewünschten
Erfolg. Manchmal wurde ich auch direkt nach dem Anfang meines Begrüßungssatzes „
Hallo ich bin ein Backpacker und ich…“, weggedrückt. Es war so deprimierend!
Nicht ein einziges Mal gab es auch nur die Chance auf Farmarbeit. Als Stanley
am späten Nachmittag auch seinen letzten Tag auf der Baustelle beendet hatte
und wir gerade übern Essen kochen waren, kamen wir zufälligerweise mit Ross ins
Gespräch. Er und seine Frau Beverly gehörten zu den eingefleischten Campern
hier, die mehr als die Hälfte des Jahres in Standown verbrachten. Wieder
erzählten wir, dass wir nach Farmarbeit suchten und wahrscheinlich nun bald weiter
in den Norden fahren müssten, um einen Job zu finden. Als Ross das hörte
zögerte er nicht lang und bot uns plötzlich seine Wohnung in Bundaberg an. Wir
konnten es anfangs nicht glauben was wir da hörten. Eine Wohnung?? Ross
erklärte uns, dass er und seine Frau in Bundaberg, der Farmhochburg schlechthin,
ein Haus besaßen und die untere Etage fast das ganz Jahr leer stand. Da die
beiden eh nur herumreisten und bis Weihnachten auf eine Schiffsreise gehen
wollten, war also auch die nächsten Wochen niemand dort. So richtig begreifen
konnten wir es trotzdem noch nicht. Wie konnte man unbekannten Menschen, wie uns,
einfach mir nichts, dir nichts seine Wohnung anbieten? Das Beste war aber noch,
dass Ross uns das Angebot unterbreitete, ohne vorher mit seiner Frau darüber
gesprochen zu haben. Er drehte sich nur kurz zu ihr um und sagte: „ Schatz, ich
habe Stanley und Steffi unsere Wohnung in Bundaberg für die nächsten Wochen
angeboten.“. Sie nickte nur kurz und tat
es als eine Selbstverständlichkeit ab. Nachdem wir uns langsam wieder gesammelt
hatten, sagten wir natürlich sofort zu. Das war eine super Chance für uns
endlich an Arbeit zu kommen, da es dort wie gesagt nur so von Farmen wimmeln
sollte. Allerdings blieb das nicht die einzige gute Nachricht an dem Tag. Rott
und Pam, die Campbesitzer, zahlten uns unseren Lohn aus. Sie drückten jedem
einen kleinen Briefumschlag in die Hand und bedankten sich noch einmal vielmals
für die tolle Hilfe. Als wir sie kurz darauf öffneten, kamen uns aber mehr
$-Scheine entgegen als gedacht. Anscheinend waren beide wirklich sehr zufrieden
mit uns, denn der anfängliche Stundenlohn von 15 $ wurde auf 20 $ erhöht.
Stanley bekam sogar 100 $ als eine Art „Gefahrenzuschlag“. Jetzt gab es
definitiv einen Grund zum Feiern. Wir setzen uns mit den anderen an Lagerfeuer
und nach und nach tauchte eine Whisky- oder Schnapsflasche nach der anderen
auf. Simon und seine Frau erzählten uns, dass sie seit Jahren in ihrem
Wohnwagen ihren eigenen Schnaps brannten. Da hier in Australien schon mal eine Flasche
Whisky bis zu 100 § kosten kann, muss man sich eben Alternativen überlegen. Wir
probierten alles, vom Whisky über Kokosnussschnaps bis hin zum Rum. Circa 15
verschiedene Sorten standen da vor uns auf dem Tisch. Umso mehr Stanley davon
kostete, desto begeisterter wurde er von der Idee selber Schnaps zu brennen. Er
fragte Simon über alles aus und wollte am liebsten sofort loslegen. Stanley
sprach solange davon bis er eine Flasche Rum geschenkt bekam. Wir staunten
wieder nicht schlecht, als wir mal eben Rum im Wert von 100 Dollar geschenkt
bekamen. Gut eine Stunde später waren wir alle schon ein wenig angetrunken bzw.
war Stanley betrunken. Er redete in einem Affentempo Englisch, sodass ich kaum
noch ein Wort verstand. Wenn man neben ihm saß bekam man zudem einen halben
Ohrsturz, denn auch die Lautstärkeregelung seiner Stimmer hatte er nicht mehr unter
Kontrolle. Als nur noch er und Simon ums Feuer saßen und ich kein Wort mehr
verstand, ging ich ins Bett. Irgendwann kam er dann auch volltrunken zum Auto
gewankt und fiel sofort ins Koma.
Obwohl wir uns mittlerweile richtig wohl im Camp fühlten,
war heute der Tag der Abreise. Davor hatten wir jedoch noch eine Begegnung mit
einer Huntsmanspider und nutzten diesmal die Gelegenheit um ein paar Fotos zu
machen.
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