Freitag, 21. Dezember 2012

So schnell kann's gehen ..


11.11.-16.11.2012

Nach unserem Aufenthalt auf Fraser Island brauchten wir nun dringend eine heiße Dusche und etwas  Warmes zum Essen. Auf dem Weg zu einem Zeltplatz, den wir in unserem Atlas gefunden hatten, begegneten wir wieder Wildpferden, die unbekümmert am Waldrand grasten. Diesmal nutzten wir die Chance und drückten schnell ein paar Mal auf den Auslöser der Kamera. 


Circa 25 km vor Gympie, mitten in der Pampa, fanden wir dann den Campingplatz Standown. Etwas skeptisch fuhren wir hinein und buchten einen Stellplatz für eine Nacht. Stanley erwähnte beiläufig, dass wir Backpacker sind und nach Arbeit suchten. Pam, die Besitzerin des Camps, gab uns sofort 2 Nummern von umliegenden Farmen, die wir doch mal anrufen könnten. Leider erfolglos! Als wir zu unserem Stellplatz fuhren bemerkten wir, dass wir einfach mitten auf einer Wiese parken sollten. Aber es war nicht irgendeine Wiese. Wir standen jetzt knapp 5 Meter entfernt von dem Treffpunkt aller Campbewohner, also direkt auf dem Präsentierteller. Da wir hier noch niemanden kannten, war das ein etwas komisches Gefühl von allen beobachtet zu werden. Doch nicht nur das jeder Schritt von uns genaustens kontrolliert wurde, nein, es ging noch schlimmer. Neben uns parkte ein Monstrum von Wohnwagen. Ungelogen 4x10 Meter war dieses Ungeheuer groß. Jeder kann sich wahrscheinlich denken wie lächerlich es nun aussah, wenn 2 Backpacker daneben ihr 2-Mann-Zelt aufschlugen. Wir mussten selbst ein wenig schmunzeln.
 
 
Nichts desto trotz wagten wir uns gegen Abend in die Höhle des Löwen, sprich zu den rund 20 Rentnern, die sich mittlerweile um die Feuerstelle vor der Gemeinschaftshalle versammelt hatten. Überraschenderweise wurden wir herzlich willkommen geheißen und sofort zum Essen eingeladen. Es gab eine Art kaltes Büffet an dem sich jeder bedienen durfte. So langsam viel der Groschen nun auch bei uns. Als wir uns ein wenig genauer umsahen bemerkten wir überall Fotos von Soldaten und Abzeichen. Wir waren in einem Veteranencamp gelandet und heute war zufälligerweise auch noch ein Gedenktag. So erklärte sich nun auch die kleine Feier mit dem Essen für alle. Fast alle Männer hier waren früher im Krieg gewesen, auch der Campbesitzer und Mann von Pam, Rott. Er setzte sich zu uns und erzählte uns eine Menge über sich, das Veteranencamp und den Krieg. Wir hörten ihm gespannt zu und erzählten ihm auch ein wenig über uns. Erneut kam zur Sprache, dass wir zur Zeit auf der Suche nach ARBEIT waren. Mittlerweile hatten wir immer wieder erlebt, dass man in Australien zu vielem kommt, wenn man es den Leuten einfach nur auf die Nase bindet.  Wir hofften also durch unsere dezent unauffällige Art an einen Farmjob zu gelangen.
Am nächsten Morgen nutzten wir nochmal den Herd aus und machten uns ein großes Frühstück mit allem was dazu gehörte. In Gedanken waren wir schon wieder beim Zelt auseinander bauen und Auto umräumen, da wir heute weiterreisen wollten. Noch bevor wir aber zu alledem kamen, stand plötzlich Rott vor uns. Er bot Stanley einen Job an und meinte, dass es für mich wahrscheinlich auch etwas gäbe. Wir strahlten beide übers ganze Gesicht und konnten es mal wieder nicht fassen. Direkt nach dem Frühstück bekam Stanley gezeigt was er die nächsten Tage zu tun hatte. Rott wollte eine Art kleine Halle bauen, wo er seine Traktoren, Autos und Wohnwagen unterstellen konnte. Die Pfosten/Pfeiler hatten er und ein anderer Campbewohner namens Simon, schon vor ein paar Tagen senkrecht aufgestellt, nun fehlte „nur“ noch der Rest. Stanley sollte also schweißen, flexen, bohren, schleifen, hämmern und in 5 Meter Höhe die Träger fürs Dach anbringen. Er bekam 15$ die Stunde und wir konnten umsonst auf dem Campingplatz bleiben. Am Nachmittag, nach der Mittagshitze, sollte es auch schon losgehen. Stanley konnte seinen Augen nicht trauen, als er sah, wie Simon bereits auf einem selbstgebastelten, wackeligen „Gerüst“, welches auf der Ladefläche eines Pickups angebracht war, in mehreren Metern Höhe herum wackelte. Simon versuchte dabei einen der Stahlträger fürs Dach zu fassen zu bekommen, den Rott mit einem umgebauten Stapler versuchte nach oben zu fahren. Hätte ich das alles in diesem  Moment gesehen, ich wäre wahrscheinlich schreiend weggerannt, doch Stanley blieb stark und stellte sich der Herausforderung.





 
Nach gut 3 Stunden war der erste Arbeitstag vorüber, doch Stanley sah aus als hätte er 2 Wochen durchgearbeitet. Blasen an den Händen, kleine Schnittwunden, durchgeschwitzt und dreckig von oben bis unten. Aber er hatte noch ein Lächeln auf den Lippen, denn die Arbeit machte Spaß und das war die Hauptsache.

Am nächsten Morgen starteten wir beide um 8 Uhr mit der Arbeit. Für Stanley ging es wieder in luftige Höhen und ich ging zu Pam, um mir meine Arbeit zeigen zu lassen. Sie drückte mir sofort eine Schubkarre mit Spaten, Rechen sowie sämtlichen anderen Gartengeräten in die Hand und führte mich zu meinem Arbeitsplatz. Ich sollte die Beete um das Denkmal der ehemaligen Soldaten herum, vom Unkraut befreien. Allerdings war hier Unkraut nicht nur kleine Pflänzchen oder Gras zwischen den Blumen. Nein, ich sollte ganz Sträucher und Büsche, kleine Bäume sowie großflächig gewachsene, verflochtene Gewächse herausreißen. Anscheinend war hier schon seit längerem nichts mehr getan wurden. Bevor ich aber anfangen durfte wurde ich noch darauf hingewiesen, dass zwischen 11 und 15 Uhr NICHT gearbeitet wird, da es da zu heiß war und ich ja keinerlei Schatten hatte. Sie gab mir noch einen Sonnenhut, drückte mir eine Flasche Wasser in die Hand und ließ mich allein. Als ich gegen Mittag meine erste Pause machte, merkte ich schon jeden einzelnen Muskel in meinem Körper. Gegen 17-18 Uhr hatten wir es endlich geschafft  für heute. Für die Männer spendierte Rott noch ein Bier während sie den Tag im Sonnenuntergang ausklingen ließen und den abendlichen Besuchen der Kängurus zuschauten.
 
Wir fielen in unsere Campingstühle und konnten uns kaum noch rühren. Jetzt merkten wir erst einmal wie sehr einem doch die Sonne beim Arbeiten zu schaffen machte, denn morgens um 8 Uhr waren es bereits 30 Grad und es wurden tagsüber nicht weniger! Nach dem Abendbrot fielen wir sofort todmüde ins Bett, zumindest fast. Stanley lag bereits im Auto und ich wollte mich gerade hinlegen. Doch so schnell ich in der waagerechten war, war ich auch schon wieder aufgesprungen. Da hing doch tatsächlich eine Huntsmanspider in unserem Auto, direkt über meinem Gesicht! Ich bekam eine „leichte“ Panikattacke und schrie Stanley halb an, dass er etwas tun soll. Da er auch noch etwas Respekt vor diesen Tierchen hatte, suchten wir uns einen Becher und ein Stück Papier, um die Spinne einzufangen. Das war allerdings leichter gesagt als getan. Die Spinne hatte wahrscheinlich wirklich mehr Angst vor uns als wir vor ihr und deshalb verkroch sie sich immer weiter. Ich war mittlerweile fast am hyperventilieren. Stanley versuchte durch geschickte Manöver die Spinne aus ihrem Versteck zu treiben. Nach einer gefühlten halben Ewigkeit hatten wir den ungebetenen Gast endlich gefasst. Ich war natürlich jetzt hellwach und hätte am liebsten das komplette Auto auf den Kopf gestellt, um nachzusehen, ob da noch mehr Spinnen waren. Stanley war dagegen die Ruhe in Person und sagte nur „ Das war 100%-ig die einzige Spinne hier im Auto!“ … ich versuchte ihm zu glauben!
Der nächste Tag lief im Prinzip gleich ab. Zeitig aufstehen, arbeiten, Mittagspause und danach weiter arbeiten. Als es dunkel geworden war versuchten wir uns noch ein bisschen mit Langzeitbelichtungen und machten tolle Fotos vom Sternenhimmel über dem Camp.



Am nächsten Morgen musste nur noch Stanley zeitig raus, denn für mich gab es heute keine Arbeit mehr. Während Stanley sich also auf dem Dach der Halle abmühte, widmete ich mich wieder der Arbeitssuche auf einer Farm. Circa 30 Nummern hatte ich heraus angerufen. KEIN Telefonat brachte aber den gewünschten Erfolg. Manchmal wurde ich auch direkt nach dem Anfang meines Begrüßungssatzes „ Hallo ich bin ein Backpacker und ich…“, weggedrückt. Es war so deprimierend! Nicht ein einziges Mal gab es auch nur die Chance auf Farmarbeit. Als Stanley am späten Nachmittag auch seinen letzten Tag auf der Baustelle beendet hatte und wir gerade übern Essen kochen waren, kamen wir zufälligerweise mit Ross ins Gespräch. Er und seine Frau Beverly gehörten zu den eingefleischten Campern hier, die mehr als die Hälfte des Jahres in Standown verbrachten. Wieder erzählten wir, dass wir nach Farmarbeit suchten und wahrscheinlich nun bald weiter in den Norden fahren müssten, um einen Job zu finden. Als Ross das hörte zögerte er nicht lang und bot uns plötzlich seine Wohnung in Bundaberg an. Wir konnten es anfangs nicht glauben was wir da hörten. Eine Wohnung?? Ross erklärte uns, dass er und seine Frau in Bundaberg, der Farmhochburg schlechthin, ein Haus besaßen und die untere Etage fast das ganz Jahr leer stand. Da die beiden eh nur herumreisten und bis Weihnachten auf eine Schiffsreise gehen wollten, war also auch die nächsten Wochen niemand dort. So richtig begreifen konnten wir es trotzdem noch nicht. Wie konnte man unbekannten Menschen, wie uns, einfach mir nichts, dir nichts seine Wohnung anbieten? Das Beste war aber noch, dass Ross uns das Angebot unterbreitete, ohne vorher mit seiner Frau darüber gesprochen zu haben. Er drehte sich nur kurz zu ihr um und sagte: „ Schatz, ich habe Stanley und Steffi unsere Wohnung in Bundaberg für die nächsten Wochen angeboten.“.  Sie nickte nur kurz und tat es als eine Selbstverständlichkeit ab. Nachdem wir uns langsam wieder gesammelt hatten, sagten wir natürlich sofort zu. Das war eine super Chance für uns endlich an Arbeit zu kommen, da es dort wie gesagt nur so von Farmen wimmeln sollte. Allerdings blieb das nicht die einzige gute Nachricht an dem Tag. Rott und Pam, die Campbesitzer, zahlten uns unseren Lohn aus. Sie drückten jedem einen kleinen Briefumschlag in die Hand und bedankten sich noch einmal vielmals für die tolle Hilfe. Als wir sie kurz darauf öffneten, kamen uns aber mehr $-Scheine entgegen als gedacht. Anscheinend waren beide wirklich sehr zufrieden mit uns, denn der anfängliche Stundenlohn von 15 $ wurde auf 20 $ erhöht. Stanley bekam sogar 100 $ als eine Art „Gefahrenzuschlag“. Jetzt gab es definitiv einen Grund zum Feiern. Wir setzen uns mit den anderen an Lagerfeuer und nach und nach tauchte eine Whisky- oder Schnapsflasche nach der anderen auf. Simon und seine Frau erzählten uns, dass sie seit Jahren in ihrem Wohnwagen ihren eigenen Schnaps brannten. Da hier in Australien schon mal eine Flasche Whisky bis zu 100 § kosten kann, muss man sich eben Alternativen überlegen. Wir probierten alles, vom Whisky über Kokosnussschnaps bis hin zum Rum. Circa 15 verschiedene Sorten standen da vor uns auf dem Tisch. Umso mehr Stanley davon kostete, desto begeisterter wurde er von der Idee selber Schnaps zu brennen. Er fragte Simon über alles aus und wollte am liebsten sofort loslegen. Stanley sprach solange davon bis er eine Flasche Rum geschenkt bekam. Wir staunten wieder nicht schlecht, als wir mal eben Rum im Wert von 100 Dollar geschenkt bekamen. Gut eine Stunde später waren wir alle schon ein wenig angetrunken bzw. war Stanley betrunken. Er redete in einem Affentempo Englisch, sodass ich kaum noch ein Wort verstand. Wenn man neben ihm saß bekam man zudem einen halben Ohrsturz, denn auch die Lautstärkeregelung seiner Stimmer hatte er nicht mehr unter Kontrolle. Als nur noch er und Simon ums Feuer saßen und ich kein Wort mehr verstand, ging ich ins Bett. Irgendwann kam er dann auch volltrunken zum Auto gewankt und fiel sofort ins Koma.
Obwohl wir uns mittlerweile richtig wohl im Camp fühlten, war heute der Tag der Abreise. Davor hatten wir jedoch noch eine Begegnung mit einer Huntsmanspider und nutzten diesmal die Gelegenheit um ein paar Fotos zu machen.


 
Der nächste Halt war in Tin Can Bay, ein kleiner Ort an der Küste. Dort gab es eine besondere Attraktion für Touristen sowie Einheimische. Jeden Morgen gegen 8 Uhr kamen Delphine an den Strand, welche man für 5 $ mit Fisch füttern durfte. Wir beeilten uns extra und waren schon 7.30 Uhr vor Ort. Doch zu früh gefreut. Als wir an dem kleinen Pier ankamen, sahen wir schon von weiten eine riesige Menschentraube am Ufer stehen. Da wir beide noch etwas mit den Auswirkungen des gestrigen Abends zu kämpfen hatten, entschlossen wir uns nicht durch all die Leute zu drängeln. Wir stellen uns so, dass wir von oben auf die 2 Delphine schauen konnten und versuchten ein paar Schnappschüsse von ihnen zu machen.  Die 2 Frauen, die als Aufpasser fungierten, erzählten interessante Dinge über die Delphine. Zum Beispiel wie alt die beiden waren und das nie jemand weiß wie viel Delphine an einem Morgen an den Strand kamen, denn das Delphinoberhaupt bestimmte täglich jemand neues. So richtig verstanden haben wir nicht, woher sie das wussten, aber okay. Als plötzlich leichte Nervosität aufkam und jeder zum Fischverkauf stürmte, um ja der Erste beim Delphine füttern zu sein, beschlossen wir Platz zu machen und gingen zurück zum Auto.


 
Unser nächstes Ziel sollte eigentlich Bundaberg heißen, doch da es so extrem warm wurde und der fast heiße Fahrtwind mal wieder keine Abkühlung brachte, entschieden wir einen kurzen Stopp in Childers zu machen. Dieser Ort gehörte schon zu der Region, wo man des Öfteren links und rechts an der Straße große Tomaten- oder Macadamiafarmen sah. Wir suchten uns einen günstigen Zeltplatz mit Swimmingpool und checkten ein. Im Laufe des Abends lernten wir die 2 Kalifornier kennen, die direkt neben uns campten. Als sie uns erzählten was sie hier in Australien vorhatten, fiel uns beiden die Kinnlade runter. Die zwei waren in ihren Flitterwochen und wollten innerhalb von 3 Monaten bis nach Melbourne mit dem FAHRRAD fahren. Oh mein Gott. Schon allein wenn wir nur an die glühend heiße Straße mit den vielen Hügeln und Tälern dachten, wurde uns anders.  Wir jammerten herum, weil uns der Fahrtwind nicht genügend Abkühlung brachte, doch was sollten denn die beiden sagen? Die beiden hatten auf jeden Fall unseren größten Respekt, denn das war nichts für schwache Nerven! Als am nächsten Morgen schon wieder um die 30 Grad waren und wir die beiden auf ihren vollbepackten Fahrrädern davonziehen sahen, stiegen wir umso lieber in unser Auto.

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