Mit leichter Verspätung kamen wir endlich bei Davids Eltern
in Maroochydore an. Wir parkten vor dem 11 stöckigem Hochhaus und warteten
darauf, dass uns Dave, der Stiefvater von David, unten abholt.
Anscheinend ging
das Bette, die Mutter von Dave, aber alles noch etwas zu langsam. Keine 2
Minuten nachdem wir aus dem Auto gestiegen waren, schrie jemand vom obersten
Stockwerk zu uns herunter. Das war Bettes Art uns „Hallo“ zu sagen und
wahrscheinlich alle Nachbarn ringsherum aus dem Schlaf zu reißen. Irgendwann
hatte es Dave dann zu uns geschafft und öffnete uns das Tor. Wir hatten ja
David, den ehemaligen Chef von Stanley und Romy, in Sydney etwas näher
kennengelernt und wussten, dass er sehr viel Wert auf sein Äußeres legt. So in
etwa hatten wir uns nun auch seine Eltern vorgestellt. Die Liebenswürdigkeit
und Hilfsbereitschaft fanden wir auch sofort bei beiden wieder, nur was das
Äußerliche angeht, lagen wir ein klein wenig daneben. Dave stand barfuß vor uns
mit zerzaustem Haar sowie dreckigem Polohemd und führte uns zum Fahrstuhl. Er
erklärte uns, dass wir einen Schlüssel brauchen, um mit dem Fahrstuhl ins
Penthouse zu gelangen, denn dies sei gleichzeitig die Wohnungstür. Beeindruckt rasten wir die Stockwerke hinauf
und wurden schon sehnsüchtig von Bette erwartet. Sie war eine Frau die sehr,
sehr viel Wert auf ihr Äußeres legte. Allerdings auf eine andere Art und Weise
wie wir es gewohnt waren. Ihre Lieblingsfarbe war Gelb und alle Neonfarben. Sie
trug liebend gern eng anliegende Kleider und allen möglichen Klimbim, den man
sich um den Hals oder an den Arm hängen kann. Ihr absoluter Goldschatz waren
aber die lang aufgeklebten Fingernägel, welche täglich neu lackiert wurden.
Kurz gesagt, wenn Bette sich schick machte war sie ein kleines Kunstwerk für
sich! Doch unabhängig von ihrem Erscheinungsbild entpuppten sich die beiden als
die liebsten Menschen die wir bis dahin in Australien kennengelernt hatten. Wir
wurden herzlich von Bette empfangen und sofort begann die Tour durchs
Penthouse. Sie zeigte uns die komplette Wohnung, welche die gesamte Etage des
Hochhauses umfasste. Aus fast jedem Zimmer ging eine Tür ab, welche auf den
Balkon führte, der alles einmal umrundete. Danach ging es hoch auf die
Dachterrasse von der man einen atemberaubenden Ausblick über die Stadt hatte,
weit hinaus auf Meer schauen konnte oder in der entgegengesetzten Richtung die
Berge sah. Wir waren hin und weg.
Am nächsten Morgen wurden wir durch den Duft von Toast und
gebratenem Speck wach. Als wir uns an den Frühstückstisch setzten sahen wir
aber, dass das nicht alles war. Es gab Rührei, Schinken, Würstchen, Toast, Tee
und Saft sowie Unmengen an BBQ-Soßen und anderen Dips. An so ein Frühstück
konnte man sich doch glatt weg gewöhnen. Danach nutzten wir für ein paar
Stunden die Dachterrasse und das herrliche Wetter, um ein paar Pigmente zu
haschen. Gegen 14 Uhr ging es dann für uns in die Küche. Bette und Dave hatten
zum großen BBQ eingeladen und erwarteten noch 8 weitere Gäste. Es musste also
eine Menge vorbereitet werden und wir boten sofort unsere Hilfe an. Die
nächsten 3 Stunden hieß es nun schnippeln was das Zeug hält. Paprika, Zwiebeln,
Gurke, Ananas, Toast, Fisch, Fleisch, Tomaten und und und … alles kam unters
Messer. Gegen 17 Uhr kamen die ersten Gäste. Zu unserer Überraschung brachte
jeder noch etwas zu Essen mit. Letztendlich hatten wir Steaks, Geflügelbeine,
Würstchen, Burger, Salate, Obst, Toast, Kräcker, Dips, Käsebrötchen, Würstchen
im Teig, Kartoffelauflauf, Soßen ohne Ende und Kuchen. Der Tisch platzte aus
allen Nähten und es war einfach viel zu viel für 12 Personen, auch wenn Stanley
wie ein Scheunendrescher aß. Ein Deutscher kann essen wie eine ganze Armee…das
bemerkten tatsächlich alle! J
Im Laufe des Abends lernten wir die anderen besser kennen und wieder einmal
stellte sich heraus, dass viele schon einmal in Deutschland waren oder sogar
deutsche Wurzeln hatten. Fast jedes Mal wenn wir Australier kennenlernten waren
diese schon einmal beim Oktoberfest, in München allgemein oder in anderen Orten
Deutschlands gewesen, welche wir selber noch nicht einmal besucht haben. Als
wir nun so darüber redeten wie lang wir noch in Maroochydore bleiben würden und
was wir die nächsten Tage so geplant hatten, wurden wir prompt zum nächsten
großen Event, dem Melbourne Cup, eingeladen. Überrascht waren wir ebenfalls als
uns Terry, einer der Gäste, plötzlich anbot, nach dem Aufenthalt im Penthouse,
eine weitere Woche bei ihm zu bleiben. Er lockte mit einer hauseigenen Sauna,
einem großen Pool, eigenen Fitnessraum und einem riesen Appartement. Wir
konnten es mal wieder gar nicht fassen wie nett die Australier waren, selbst zu
Fremden wie uns. Er gab uns seine Visitenkarte und wir sollten ihm einfach
Bescheid geben, wenn wir uns entschieden hatten. Wow, da kamen wir schon ein
wenig ins Grübeln. So ein Angebot bekommt man ja nicht alle Tage. Allerdings
hatten wir uns bereits einen Zeitplan gemacht und wollten so schnell wie
möglich Arbeit finden. Na ja, wir ließen unsere Entscheidung vorerst noch
offen. Nachdem alle Gäste weg, das Geschirr gespült und alle Reste des
Festmahls in kleinen Frühstücksbeuteln verstaut waren, gingen wir zu Bett. ( stehend,hellblaues Polohemd + Mütze = Dave; sitzend neben Steffi + Füße auf Stanleys Bein = Bette)
Nach dem ausgiebigen Frühstück, welches Dave wieder für uns
gezaubert hatte, kamen 2 Freunde von Bette und Dave spontan zu Besuch. Es war
ein Pärchen, schätzungsweise in unserem Alter, die vor knapp 2 Wochen Eltern
geworden waren. Wir kamen mit ihnen ins Gespräch und es stellte sich heraus,
dass er vor einigen Jahren als Obdachloser von Bette und Dave von der Straße
geholt wurde. Er wohnte eine Zeit lang dort bis er wieder auf eigenen Beinen stand
und seine jetzige Freundin kennenlernte. Bette erzählte uns, dass in Australien
zu viele Jugendliche zu früh Kinder bekämen. Dies war nicht unbedingt auf die
beiden bezogen, sondern ein allgemeines Problem hier. Der Staat zahlte neben
einem einmaligen, riesen Geldbetrag den jungen Eltern wöchentlich so viel, dass
beide nicht mehr arbeiten müssten und dass bis das Kind 18 Jahre alt war.
Unglaublich! Am Nachmittag sollte es dann in den Pub gehen, welcher sich direkt eine Straße weiter befand.
Von innen sah er wie eine Art Sportsbar aus. Überall hingen große Bildschirm an
der Wand und neben der Bar waren Wettautomaten aufgestellt. Erneut wurden wir
für den kommenden Tag eingeladen, im Pub mit allen anderen den Melbourne Cup zu
feiern. Uns wurde gesagt, dass das schon fast wie ein Feiertag für die Australier
war. Das ganze Jahr über waren Pferderennen im ganzen Land, doch aus
irgendeinem Grund war dieses eine in Melbourne besonders. Alle sprachen
anscheinend seit Wochen über nichts anderes mehr. Um wenigstens ein bisschen
Ahnung von dem Ganzen zu haben, schnappten wir uns abends die Zeitung und
wollten zu jedem Pferd/Reiter die wichtigsten Informationen lesen. Wir kamen
ca. bis zum fünften Pferd, dann entschieden wir einfach nur die Farben der
Trikots anzuschauen und uns zu merken, aus welchem Land es kam. Auch das war
nicht ganz so einfach. Im Gegensatz zu uns waren Bette und Dave wandelnde
Informationszentren, wenn es um den Melbourne Cup ging. Sie hatten seit Jahren
ihre Favoriten und gewannen schon einmal einen 4-stelligen Betrag beim Wetten.
Andere gingen dagegen leer aus oder man wurde eben mal schnell zum Millionär,
alles war möglich.
Heute war es nun endlich so weit, das Fest aller Feste
konnte beginnen. Wie die aufgescheuchten Hühner rannten Bette und Dave durch
die Wohnung. Um 14 Uhr sollte das große Rennen beginne, gegen 13 Uhr wollten
wir in den Pub rübergehen und gegen 11 Uhr begann das Aufhübschen von Bette.
Zuerst musste Dave ran und ihr Locken eindrehen, die allerdings nach gut 10
Minuten schon wieder raus waren, aufgrund der schwülen Luft. Aber das
interessierte irgendwie wenig, hauptsache das Haare machen war erledigt und gut.
Danach ging es über zur Kleiderfrage. Bette kam mit einem Glitzer- und
Leuchtfummel nach dem anderen in unser Zimmer gestürmt und fragte, welches nun
besser aussehen würden. Innerlich mussten wir teilweise wirklich lachen aber
wir versuchten ernst zu bleiben und Bette bei der Entscheidung „zu
helfen“. Als die Wahl auf ein
neongelbes, enganliegendes Kleid gefallen war, ging es ans Accessoires raussuchen.
Schnell war der riesige, gleichfarbige Hut, die schwarze Federboa und glänzende
Handtasche gefunden. Nun war das Makeup an der Reihe. Steffi sollte ihr dabei behilflich
sein, da Bette mittlerweile eine Hitzewelle nach der anderen hatten und langsam
in Stress verfiel. Der Liedschatten und Mascara war aufgetragen, doch hatten
auch diese sich innerhalb weniger Minuten aufgrund des Schwitzens in
Wohlgefallen aufgelöst. Doch es musste weitergehen und so wurde auch hinter das
Makeup ein Haken gemacht. Letzter Hürde stellten die Schuhe da. Die
Entscheidung für schwarze Sandalen war zwar schnell getroffen, doch wie
bekanntlich bei jeder Frau, gab es davon nicht nur ein Paar im Schuhschrank.
Mit Absatz oder ohne, mit Riemchen oder Gummizug… Die Wahl fiel auf die
schwarzen, hochhackigen Sandalen mit einem hauchdünnen Riemchen. Zum Bedauern
von Bette waren diese heiß begehrten Treter beim Anziehen aber kaputt gegangen
und so musste Dave ran und mit Sekundenkleber alles wieder richten. Da wir
keine Ahnung hatten was uns nun erwartet, holten wir auch die etwas feinere
Garderobe aus dem Koffer. Mit nur einer halben Stunde Verspätung machten wir
uns endlich auf in Richtung Pub. Auf dem Weg dorthin merkten wir schon, dass
sich tatsächlich fast alle Leute rausgeputzt hatten. Die Frauen liefen größtenteils
in eleganten Abendkleidern herum und hatten Hüte auf. Die Männer trugen
entweder Anzüge oder ein etwas sportliches, elegantes Outfit. In dem Pub selbst
herrschte mittlerweile Stress. Die Kellnerinnen rannten wild herum und die
Leute drängelten sich gegenseitig vom Wettautomaten weg. Bette bestellte etwas
Zutrinken für alle und ergatterte noch jeweils einen Wettschein für uns.
Nachdem alle Kreuzchen gesetzt wurden und wir jeweils 4 $ Einsatz gezahlt
hatten ging es los. Alle Augen waren auf den Bildschirm gerichtet.
Start!...knapp 60 Sekunden später, Zieleinlauf! Und das war‘s. Ein ganzer Tag
wurde auf diese eine Minute ausgerichtet. Leider lagen wir alle mit unseren
Tipps ein wenig daneben und so gingen wir komplett leer aus. Wenn man aber mal
den Blick durch den Pub schweifen ließ, konnte man ganz genau sehen in welchen
Augen gerade ein $-Zeichen aufblinkte J
anscheinend hatten manche mehr Glück gehabt als wir!Später am Abend klingelte das Handy und zu unserer Überraschung war es Romy, die sich da meldete. Sollte sie denn schon Sehnsucht nach uns haben?! ;-) Ganz aufgeregt erzählte sie uns von ihrem tollen Camp und den Surfstunden, die sie bis jetzt hatte. Doch das war nicht der eigentlich Grund weshalb sie anrief. Sie wollte uns etwas entscheidendes mitteilen. Durch Zufall war Romy zu Ohren gekommen, dass man in dem Camp auch seinen Surflehrer machen konnte. Da das schon immer ihr Traum war, war sie natürlich gleich hellhörig geworden und hatte sich schon zu fast 100% dafür entschieden. Der Haken an der Sache war, dass diese Ausbildung 3 Monate ging und das für uns hieß, dass wir vorerst nicht mehr zusammen reisen bzw. Romy so schnell wiedersehen würden. Mit etwas gemischten Gefühlen liesen wir diese Info kurz sacken. Das warf erst einmal alle Pläne über den Haufen. Andererseits wussten wir auch, dass Romys Herz daran hing und so gaben wir ihr unseren "Segen" und wünschten ihr ganz viel Spaß & Erfolg dabei. :)
Am nächsten Morgen gab es zum Abschied ein extra großes
Frühstück von Dave und Bette packte uns unsere Kühlbox bis zum Rand voll mit
Essen. Wir sagten zwar nicht nur einmal, dass wir nicht so viel Essen brauchen,
doch überhörte sie das einfach gekonnt. Wir hatten uns entschieden doch
weiterzureisen und das Angebot von Terry anzulehnen, da wir bereits die
nächsten Tage verplant hatten. Der Abschied von Bette und Dave viel nicht ganz
leicht, denn sie waren uns ans Herz gewachsen. Wir hatten viel Spaß mit ihnen
in der kurzen Zeit und sie gaben uns vom ersten Tag an das Gefühl willkommen zu
sein. Das Angebot, dass wie jeder Zeit wieder vorbeikommen könnten kam also
nicht überraschend für uns.
Hey ihr beiden,
AntwortenLöschenein herrlicher Rechtschreibfehler im letzten Absatz... "Anzulehnen" hahahaha
Eure Erlebnisse lassen uns immer wieder schmunzeln und uns an unsere eigene Abenteuer erinnern. Obwohl wir nie so ein Klamottendilemma miterleben "durften" ;o)
Liebe Grüße, die Ingolstädter