Mittwoch, 24. April 2013

Wer Sturm sät wird Nüsse ernten

12.03.- 15.04.2013

Nach monatelanger harter Arbeit an der Anlage, der Bewässerung und der Pflege der Bäume war es nun soweit, die Ernte konnte beginnen. Es gab noch ein paar Kleinigkeiten, die jeder zu erledigen hatte. Ich schweißte die letzten Bleche zusammen, Steffi versprühte Pestizide oder mähte schon einmal zwischen den Baumreihen und die anderen Mitarbeiter rüsteten Traktoren zu Erntemaschinen um oder holten die letzten größeren Äste aus den Blöcken. Alle waren voll eingespannt und so langsam wurde es stressig. 




Eines Morgens gab Darryl dann den Startschuss, alle waren ziemlich angespannt, denn immerhin gab es einen Ruf zu verlieren. Darryls Farm brachte am meisten Nüsse und das trotz der ältesten Ausrüstung. Zudem hatten wir die Anlage ja komplett umgerüstet somit wusste keiner ob sie funktionieren würde und welche Problemchen letztendlich noch auftreten würden.  Im Grunde genommen war die „Dehusking Shed“, so wurde die Anlage genannt, eine Filteranlage. Da die Erntemaschine auch Steine, Äste, Gras, etc. aufließ, mussten die Nüsse vom Rest getrennt werden. Über verschiedene Förderbänder gelangte das Saatgut zu Stationen, an denen zunächst die größeren Äste und dichteres Gras aussortiert wurden und dann durch diverse Turbinen, das kleinere, leichtere Zeug hinaus geblasen wurde. Allerdings blieben selbst danach des Öfteren kleinere Steine oder Stöcke drin. So musste also ein weiterer Zwischenschritt, das per Hand aussortieren an einem Fließband, eingefügt werden. Der letzte Prozess bestand darin die Nüsse von ihrer äußeren Hülle zu trennen. Auch das geschah durch eine speziell angefertigte Maschine. Danach waren die Nüsse zu den Silos transportiert und gelagert bis der LKW kam um alles abzuholen.




 Als Johno das erste Mal mit einer großen Ladung Nüsse ankam und diese in die Anlage schüttete, sahen wir, dass sich unsere harte Arbeit ausgezahlt hatte. Die Nüsse gingen fast ohne Probleme durch und landeten in den zwei Silos, welche jeweils 40 Tonnen fassten. Klar gab es kleinere Probleme, diese waren aber leicht zu beheben. Allerdings währte unser Glück nicht lang. Plötzlich tauchten jedes Mal an anderen Stellendes gesamten Ernteablaufs Probleme auf. Entweder hatte die Erntemaschine einen Platten oder die Traktoren funktionierten nicht richtig. Es gab überall was zu reparieren und die Anspannung stieg. Es ging einfach nicht voran und wenn wir dann doch bereit waren regnete es wieder tagelang, sodass wir wieder warten mussten, dass alles getrocknet war. So  gingen viele Tage ins Land, ohne das nur eine Nuss durch die Anlage ging.Doch wir arbeiteten weiter und weiter bis langsam alles anfing ohne Probleme zu funktionieren. Mit der Zeit bekamen wir einen Rhythmus in die ganze Sache und tatsächlich füllten sich langsam die Silos. Eines Morgens kam Darryl zu mir und sagte: Du hast genug geschweißt, ich setz dich heut in den Traktor!“  Endlich war es soweit. Ich hatte schon vor Monaten eine Einweisung bekommen aber bekam nie die Chance zu fahren. Ich war zugegebener Maßen ein wenig aufgeregt, immerhin musste ich mit einer  500.000$ Maschine durch die so schon engen Baumreihen eiern. Meine Aufgabe war es in den Blöcken zu mähen, sodass die Erntemaschinen die Nüsse auflesen konnten. Darryl fuhr die ersten zwei Reihen mit, erklärte mir alles Notwendige und ab ging die Post. Es war an sich nicht schwer, denn in den hochmodernen Traktoren brauchte man mittlerweile nur noch ein paar Knöpfe betätigen und Schalter umlegen. Zudem hatte ich Radio und Klimaanlage, mir ging es definitiv besser als anderen wie zum Beispiel Steffi. Sie wurde mittlerweile auch neu eingeteilt, hatte jedoch nicht so viel Glück. Sie musste zusammen mit Veeanna, Darryls Tochter,  am Fließband arbeiten. Klingt an sich nicht schwer aber es war harte und körperlich anstrengende Arbeit, welche man am Ende des Tages am ganzen Körper spürte. Über die Wochen hin pegelte sich langsam unser neuer Arbeitsalltag ein. Früh wurde ich zum Schweißen verdonnert und nachmittags saß ich im Traktor. Steffi dagegen war morgens unterwegs in den Blöcken, um diverse Arbeiten zu erledigen und wurde nachmittags zur Fließbandarbeit verdonnert. Mittlerweile lief eigentlich alles ziemlich rund, doch laut Darryl waren wir immer noch hinter her und so fragte er eine Handvoll Leute, ob sie für ihn am Osterwochenende arbeiten würden. Eigentlich war es ziemlich gewagt von Darryl diese Frage einen Tag vor Ostern zu stellen, denn normalerweise pflegen Australier da eine kleine Weltreise zu unternehmen. Jeder fiebert auf dieses Wochenende hin, um mit Familie und Anhang durch halb Australien zu tuckern und campen zu gehen. Trotzdem ging Darryl Strategie letztlich auf und er hatte für Freitag und Samstag  7 hochmotivierte Arbeiter zur Verfügung, uns eingeschlossen. Die zwei Tage liefen auch wirklich wie am Schnürchen. Wir fuhren direkt vor den Erntemaschinen her, während ich die Reihen grob mit meinem Traktor mähte und Steffi hinter mir mit ihrem Ferris herfuhr, um den Feinschnitt zu machen. Umso gründlicher wir dabei waren, desto leichter hatten es die Erntemaschinen und die Leute am Fließband. Allein an den zwei Tagen hatten wir insgesamt um die 30 Tonnen Nüsse geerntet und somit die Silos gefüllt. Das war um Längen mehr als wir bisher geerntet hatten. Damit hatten wir anscheinend einen guten Vorsprung im Vergleich zum Vorjahr erarbeitet und nahmen somit erst mal den Druck von Darryls Schultern.
Unser Osterwochenende bestand bis dahin also größtenteils nur aus Arbeiten aber  jetzt sollte es besser werden. Johno hatte uns zu sich nach Hause eingeladen, um bei einem leckeren australischen BBQ mal richtig einen zu heben. So ging es Sonntagnachmittag mit einer Kühlbox voller Alkohol, unter anderem mit Jägermeister (!!!) zu Johno’s. Wir standen zunächst aber vor einem Problem. Sein Grundstück zu finden stellte sich als schwerer heraus als wir dachten. Er lebte nur 7 Kilometer nördlich der Farm und er meinte sogar, dass wir schon mal daran vorbei gefahren wären. Jedenfalls schafften wir es uns so richtig schön zu verfahren und als wir versuchten ihn zu erreichen hatte er keinen Empfang. Wir gurkten 45 Minuten durch den Busch bis wir endlich bei ihm ankamen und waren sofort ziemlich beeindruckt von seinem Grundstück. Meiner Meinung war es ein absolutes Traumgrundstück. Man fuhr zunächst durch dichten Wald und kam nach 5 Minuten auf eine riesige Lichtung mit einer Anhöhe direkt in der Mitte auf der sein Haus stand. Er hatte einen eigenen See und seine Pferde sowie Kühe rannten hier frei herum. Ich war hier schon komplett weg, saß gedanklich auf dem Bagger und baute meine eigenen Hügel gleich neben meiner Minirampe fürs BMX fahren. Hach jaaaa, wie dem auch sei, jetzt zurück zu Johno. Er erwartete uns schon und stellte uns seine Frau Catherine vor, die ihm in seiner Freundlichkeit in nichts nach stand. Zudem wurden wir von seinen zwei Hunden und drei Katzen empfangen. Er hatte einen guten Geschmack, all seine Tierchen sahen aus wie aus dem Bilderbuch. Besonders von den Katzen konnten wir uns nicht abwenden. Nur sein Sinn für Namensgebung war ein wenig seltsam, denn Katzennamen wie „MiauMiau“, „Cornflakes“ oder „Ricepuppy“ waren nicht ungewöhnlich. 


        

Er zeigte uns zunächst sein Grundstück und irgendwann kamen wir auf das Thema Golf. Es dauerte keine 5 Minuten und schon hatte er seine Schläger entstaubt gingen auf der Wiese und schossen die Bälle ins Nichts. Mittlerweile war es schon dunkel und somit hatten wir nicht wirklich eine Ahnung was wir trafen, es hätte auch sein Viehzeug sein können. 



Nach einer kleinen Golfsession ging es ans Grillen. Auf uns wartete ein typisches australisches BBQ mit Ei, Steak, Zwiebeln, Ananas, Lamm und vielem mehr. Diesmal überwunden wir uns und fragten direkt vorm Essen, ob sie es stören würde, wenn wir eventuell nachholen würden. Scheinbar war es ja typisch, dass man nur einmal zu schlägt aber dieser Mythos wurde zum Glück sofort wiederlegt. Nachdem wir uns die Mägen voll gehauen hatten, ging es ans Trinken. Der gekühlte Jägermeister und die Redbull Dosen wurden aus gepackt und der Startschuss für den Abend der Weisheiten war gefallen. Wir hauten uns von vorn bis hinten die Taschen voll und philosophierten über Gott und die Welt. Das lief ewig so, sogar noch lang nachdem der Jägermeister alle war. Doch irgendwann gegen 2 Uhr morgens wurden wir müde und gingen ins Bett. So kaputt unser Körper auch war, unsere Augen waren weit aufgerissen und wir konnten sie nicht schließen. Jetzt entfaltete der Redbull seine volle Wirkung. Am nächsten Morgen, mehr oder weniger ausgeschlafen saßen wir alle auf der Veranda und genossen den Ausblick. Bei Johno daheim eingeladen zu sein heißt auch das morgendliche Schlangenschießen beobachten zu dürfen. So kam es dann, dass die Schlange, mit welcher die Katze spielte, mit der Schrotflinte einen Kopf kürzer gemacht wurde. Ganz ehrlich, die Spannung riss nicht ab. Wir waren nun auch noch zum Frühstück eingeladen und verzehrten hier wieder das feinste Essen. Hier hätten wir ewig bleiben können, doch leider mussten wir wieder los, das harte Farmleben rief uns wieder zu sich. Nun hatten wir noch eine Woche Farmarbeit vor uns und dann wäre dieses Kapitel abgeschlossen. Die letzte Woche lief relativ entspannt ab. Steffi und ich teilten uns ab und zu den Ferris oder sonst arbeitete sie an der Anlage und ich saß im Traktor. Es war schon irgendwie komisch, nach 4 ½ Monaten war es nun vorbei.  Wir hatten viel Schweiß und Blut hier vergossen, doch rückblickend konnten wir erkennen das wir etwas geschaffen hatten.  Man konnte überall Ergebnisse unserer Arbeit sehen, ob es nun in größeren oder kleineren Ausmaßen war.

Jetzt wäre es eigentlich an der Zeit gewesen weiterzureisen, doch stattdessen ärgerten wir uns immer noch mit unserem Auto herum. Schon seit Wochen probierten wir unser Auto durch den TÜV zu bekommen, welcher hier in Queensland (QLD) „Roadworthy“ genannt wird. Wie wir bereits in einem der vorhergehenden Posts erwähnt hatten, bekamen wir von unserem Mechaniker Gary eine Liste, was zu tun ist, um den TÜV zu bestehen. Den größten Teil davon konnten wir selber machen, doch für den Rest würde er sorgen sobald er Zeit hätte. Den nächsten Tag fuhr Gary mit unserem Auto zum TÜV nur um auf Nummer sicher zu gehen, dass unser Blechschaden links vorn uns nicht doch noch zum Verhängnis wird. Aber wie sollte es auch anders sein, unsere Pechsträhne riss nicht ab. Gary sagte uns, dass wir unseren Kotflügel plus Blinker/Scheinwerfer erneuern mussten. Jetzt hatten wir so richtig die Nase voll. Nicht nur, dass es unmöglich war einen Termin in einer Werkstatt zu bekommen, welche den Einbau übernehmen würde, nein, auch die Besorgung der Teile an sich war eine große Herausforderungen. Da unser Auto ja Baujahr 1990 und dazu noch ein Import war, mussten wir viele Schrottplätze und Autoteilehändler anrufen bis wir endlich fündig wurden. Wie sich später herausstellte, hatten wir sogar ein richtiges Schnäppchen gemacht, da man wohl sonst mit dem doppelten Preis rechnen musste. Allerdings bestand nun immer das Problem: wer wechselt uns nun den Kotflügel etc. aus? Johno erzählte uns dann, dass es im Prinzip ganz einfach wäre und man nur ein paar Schrauben abmachen musste. Okay, das klang ja erst einmal nach einem Plan und so machte ich mich auch gleich hochmotiviert dran das ganze kaputte Zeug abzuschrauben. Allerdings wurde uns ein bisschen anders, als wir die Ausmaße des Blechschadens an der Karosserie sahen. Autsch, das konnte und sollte auch echt noch zum Problem werden. 





Glücklicherweise hatte mich nun aber erst recht der Ehrgeiz gepackt. Nach 2 anstrengenden Tagen, an denen wir von früh bis spät nur am Auto arbeiteten, hatten wir es geschafft. Wir mussten des Öfteren einmal mit der Brechstange hantieren, um Dinge gerade zu biegen und mit Unterlegscheiben schummeln, doch letztlich konnte sich das Endergebnis wirklich sehen lassen. Allerdings hatten wir noch keinen Grund zur Freude. Mittlerweile war nämlich unser Ersatzteil für unsere Tacho, welches wir seit knapp 5 Monaten im Auto aufbewahrten, weg. Gerade als Gary endlich meinte das er nun Zeit für uns hätte, war es wie vom Erdboden verschluckt. Wir suchten überall im Internet nach solch einem neuen Teil, allerdings ohne Erfolg. Nach einer Woche, als wir uns schon mit dem Gedanken angefreundet hatten noch eine ganze Weile hier bleiben zu müssen, fand Steffi das lang verschollene, 4 cm große Plastikteil plötzlich in unserer Dachbox. Tatsächlich konnte ich mich auch sofort wieder daran erinnern, es beim letzten Aufräumen da oben reingelegt zu haben. Typisch ich wieder. Während Steffi sich nun also an die Reparatur unseres Tachos machen konnte, bastelte ich noch neue Abdeckungen für die Lüftungsschlitze auf unserer Motorhaube. Nun hatten wir alles in unserer Macht stehende getan, um unser Auto wieder auf Vordermann zu bringen.


In der Zwischenzeit hatten wir uns auch einen neuen Mechaniker gesucht, da Gary restlos ausgebucht war. Der neue Mechaniker Cliff war sogar berechtigt direkt den TÜV durchzuführen und so gab er uns direkt einen Termin. Knapp 4 Stunden, nachdem wir das Auto bei ihm ablieferten, teilte er uns freudig mit, dass alles zu seiner Zufriedenheit war und wir den TÜV bestanden hatten bzw. nun unser `Roadworthy`-Zertifikat bekommen würden. Uns fiel ein riesen Stein vom Herzen. Nun konnte uns nichts mehr aufhalten…oder doch? Als wir unser Zertifikat endlich in den Händen hielten sprang uns quasi regelrecht in Großbuchstaben das Wort „QLD-TÜV“ entgegen. Wir allerdings brauchten ja einen TÜV- Zertifikat für New South Wales (NSW). Da jeder Bundesstaat in Australien seine eigenen Regeln hatte und jeder seine Autoanmeldung anders durchführte, war das eine knifflige Angelegenheit. Für Backpacker, welche ihr Auto in einem Bundesstaat kauften und in einem anderem wieder verkaufen wollten, war die NSW-Zulassung am besten. Nur bei dieser hatte man keine Scherereien, wenn man das Auto wieder loswerden wollte. Nach einem fast nicht enden wollenden Wochenende, riefen wir direkt am Montagmorgen in der Zulassungszentrale in NSW an. Wahrscheinlich war es aber doch noch ein wenig zu früh für die Damen in der Zentrale, da sie nicht ansatzweise verstanden was wir wollten. Wir wurden von einer Warteschleife in die nächste verbunden. Nach etlichen Versuchen bekamen wir endlich die Zusage, unser TÜV  war gültig. Wir waren kurz vor der Zielgerade. Wir wollten nun nur noch unser TÜV-Zertifikat rüber faxen doch nun ging das Faxgerät nicht. Stunden später brachte Gabe, Darryls treuer Untertan, dieses aber wieder in Gange und eine weitere Stunde später hatten wir unsere Anmeldung endlich durch. Ein dickes Grinsen machte sich über unser Gesicht breit. All die anstrengende Arbeit, das hin- und her Telefonieren sowie Warten hatte sich gelohnt. Jetzt hieß es für uns so schnell wie möglich aufbrechen, denn es gab viel zu sehen und Australien wartete auf uns. Am nächsten Tag gab es noch ein großes Frühstücks-BBQ, welches Darryl extra für uns veranstaltete. Wir ließen es uns noch einmal richtig schmecken und nach diversen Gruppenfotos war es dann soweit. Der Abschied rückte näher. Nachknapp 5 Monaten war es nun nicht mehr einfach „Goodbye“ zu sagen. Arbeitskollegen sind zu Freunden geworden und die Farm zu unserem zu Hause.  Jetzt war auch dieses Kapitel abgeschlossen und es hieß für uns: Auf in neue Abenteuer!


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